Am Freitag, den 14.11.14 um 14.00 Uhr, besuchte der Bischof der Neuapostolischen Kirche in München, Paul Hepp, zusammen mit Horst Schmid und Andreas Blickle (Vertreter des Missionswerks) das Europäisch-Christliche Entwicklungswerk für Syrien e.V. in Augsburg. Das Treffen fand in den Räumlichkeiten des Assyrischen Mesopotamien-Vereins in Oberhausen statt. Außer dem 1. Vorsitzenden des ECEWS, Issa Hanna, waren aus dem Vorstand noch Marianne Brückl und der Beiratsvorsitzende Dr. Ortfried Kotzian und sein Stellvertreter Abdulmesih BarAbraham anwesend. Als weiterer Gast wurde Dr. Farid (Chefarzt aus Sadad, Syrien) begrüßt.
Bericht von Marianne Brückl
Um sich einen Einblick in die Arbeit des Europäisch-Christlichen Entwicklungswerks für Syrien e.V. zu verschaffen, wurde Bischof Paul Hepp (Neuapostolische Kirche in München) mit seinen beiden Begleitern Horst Schmid und Andreas Blickle vom Missionswerk in den Vereinsräumen des Assyrischen Mesopotamien-Vereins empfangen. An diesem Nachmittag wurden verschiedene Themen erörtert, so z.B. die Gefährdung des christlichen Glaubens weltweit durch den Einfluss des Islamismus, die Lage der assyrischen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak hier in Deutschland und in den Heimatländern sowie die weiteren Möglichkeiten der Unterstützung der christlichen Assyrer in den IS-beherrschten Gebieten im Nahen Osten.
Erst vor kurzem hatte das Missionswerk der Neuapostolischen Kirche einen Betrag von 24.000 € für das erste Projekt des ECEWS bereitgestellt: „Hilfsmaßnahmen für Sadad“ (christliche Stadt nahe Homs in Syrien). Die Stadt war im Oktober 2013 durch einen Überfall von Islamisten in schwere Not geraten und zerstört worden. Sieben Tage lang hatte damals die islamistische Al-Nusra-Front dort gewütet und nichts als Tod und Verwüstung hinterlassen. Mit dem gespendeten Geld konnte das Überleben von 231 bedürftigen Familien zwei Monate lang gesichert werden. Wie Dr. Farid berichtet, seien bei den Angriffen der islamistischen Gruppen insgesamt 86 Personen aus Sadad ermordet worden, 45 allein an einem Tag. Viele seien noch vermisst.
In Sadat leben insgesamt 15.000 syrisch-orthodoxe Christen, darunter mehr als 200 Ärzte, über 50 Universitätsprofessoren, die auch in Homs unterrichten, sowie über 500 oder 600 Ingenieure. Davon seien jetzt aber bereits mehr als 120 nach Deutschland gekommen, sagt der Arzt. Er selbst floh vor zwei Jahren mit seiner Familie ebenfalls aus der Heimat, da Kugeln von Terroristen ihn nur knapp verfehlten.
Als Zeichen der Wertschätzung für die Solidarität mit den Bewohnern der schwer betroffenen Stadt, überreichte Issa Hanna, neben der Dokumentation für die Verwendung der Spende des Missionswerks, dem Bischof ein Buch über das Volk der assyrischen Christen mit dem Titel „Ein vergessener Holocaust – Die Vernichtung der Assyrer in der Türkei“ von Gabriele Yonan. „Dieses Buch ist ein Geschenk an Sie, ehrwürdiger Bischof, mit dem wir, das ECEWS, unsere Dankbarkeit für Ihre Hilfe in unserem ersten Projekt zum Ausdruck bringen möchten“, sagte Hanna.
„Ich denke, wir knüpfen heute gute Beziehungen“, so Bischof Hepp. Er sei hier auch Andreas Blickle vom Missionswerk sehr dankbar, der das mit in die Wege geleitet habe. „Es ist zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, bedauert Hepp, aber seine Kirche sei leider zu klein, um mehr Geld zu spenden. Wichtig sei es, Solidarität auch durch Einbeziehung der leidenden Glaubensgenossen in die täglichen Gebete zu zeigen oder beispielsweise auch durch einen Brief der Augsburger neuapostolischen Jugend nach Syrien zu schicken, um zu sagen „Ihr seid nicht vergessen!“
Beiratsmitglied Abdulmesih BarAbraham bemängelte, dass bei UNO-Transporten von Hilfsgütern vom nördlich gelegenen Erbil in den Nordosten Syriens die assyrischen Christen fast ausgeschlossen sind, obwohl es dort zwei christliche Städte gebe. Selbstverständlich sei es das Ziel des ECEWS als christliche Organisation, Hilfen überkonfessionell und interreligiös einzusetzen, falls es notwendig sein sollte, jedoch müsse man diese in erster Linie zuerst für die Christen verwenden, da diese von anderer Seite kaum berücksichtigt werden, sagt er.
Unter anderem erkundigte sich Bischof Hepp während der Gespräche auch nach dem Verhältnis zwischen Assad und den assyrischen Christen sowie die politischen Zusammenhänge. Im Grunde gebe es zwei Richtungen, erklärt Issa Hanna. „Es ist es schon richtig, die Christen konnten unter Assad religiös ihre Freiheiten haben, sie konnten Kirchen bauen, Schulen, Sonntagsschulen z.B. Wir hatten auch vom Staat anerkannte christliche Schulen bis hin zum Gymnasium, die auch von Muslimen besucht wurden“, sagt Issa Hanna. Religiöse Diskriminierung habe es nicht gegeben im Gegensatz zur Türkei. Das Problem seien jedoch ethnische und politische Freiheiten gewesen. Für die Assyrer gab es auch keine Anerkennung in ihrer Sprache, Kultur und Geschichte. Überkonfessionelle und ethnische Veranstaltungen und Aktivitäten waren der Grund für mehrmalige Verhaftungen und Misshandlungen zahlreicher Mitglieder der Assyrischen Demokratischen Organisation (ADO), der ersten politischen Organisation zur Durchsetzung der Rechte des assyrischen Volkes.
Viele der Fragen des Bischofs trugen dazu bei, ein komplexes Bild von den assyrischen Christen und ihrer Arbeit, insbesondere auch des ECEWS zu gewinnen.
Bischof Hepp bedankte sich am Ende des Treffens für die Möglichkeit, vor Ort die ausführlichen Informationen aus erster Hand erhalten zu haben, die ihm einen Einblick in die tatsächliche Situation bieten. Man sei ansonsten auf die Medien angewiesen, wo vieles nicht bekannt werde. „Ich denke, das war jetzt mal ein Beginn“, sagte er zum Abschluss. „Die Menschen sollen Mut schöpfen und nicht den Glauben verlieren.“
Durch diese Begegnung wurde der Grundstein für eine weitere Zusammenarbeit zwischen dem ECEWS und der Neuapostolischen Kirche gelegt, die auch in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen wird.