Mossul/Kirkuk/Wien – Als gegen die Christen gerichteten Einsch?chterungsversuch, um diese an der Teilnahme an den Wahlen abzuhalten, bezeichnet der chald?ische Erzbischof Louis Sako, telefonisch in seinem Bischofssitz in Kirkuk erreicht, die kurzzeitige Entf?hrung seines Bischofskollegen von Mossul, Basile Georges Casmoussa. Die Verschleppung sei “politisch”, sagte Sako, der noch vor der Freilassung Casmoussas am Dienstagmittag mit dem STANDARD sprach, dabei gehe es nicht um Geld wie in anderen F?llen.
Erzbischof Casmoussa war am Montag in Mossul von drei Autos gestellt und anschlie?end verschleppt worden, sein Fahrer wurde nicht mitgenommen, die T?ter waren nicht vermummt. Casmoussa habe ihm vor wenigen Tagen erz?hlt, so Sako, dass er von “Arabern” aufgesucht worden war, die von ihm verlangten, daf?r zu sorgen, dass sich in dem 25.000-Seelen-St?dtchen Karakosh die christlichen und kurdischen Parteien vom Wahlkampf zur?ckz?gen. Casmoussa habe dies verweigert. Die Entf?hrung k?nnte damit zu tun haben.
In Kirkuk war am Dienstag f?r die Freilassung gebetet worden; in Mossul, so Sako, trauen sich die Christen nicht mehr in die Kirchen, sie w?rden auch kaum zu den Wahlen gehen. Sako, selbst aus Mossul, nahm am Dienstag mit St?mmen aus der Umgebung Kontakt auf, um ihre Hilfe bei der Freilassung zu erbitten. Es hei?t, Casmoussa kam ohne Zahlungen frei, obwohl Forderungen gestellt worden waren.
Bischof Sako bezeichnet die Situation im Irak als sehr schlecht, ist aber optimistisch, was die Zeit nach den Wahlen angeht. Im Rahmen des Wahlkampfs finde ein ganz neuer Diskurs in der Gesellschaft statt, die Iraker seien dabei zu lernen, wie man die Freiheit ben?tzt. Eine schiitische religi?se Dominanz, die das Land in Richtung Gottesstaat f?hren k?nnte, f?rchtet er nicht, denn “der Irak ist nicht der Iran. Die Iraker lehnen die iranische Erfahrung ab.” Viele Personen, die auf schiitischen Listen aufgestellt sind, seien in Wahrheit s?kular.
Die chald?ische (assyrische) Kirche, der die Erzbisch?fe Sako und Casmoussa angeh?ren, ist r?misch-katholisch. Wie viele Christen es heute im Irak gibt, ist nicht einfach zu sagen – zwischen 750.000 und einer Million. Es waren einmal an die f?nf Prozent, bereits unter Saddam Hussein hatte ein Exodus eingesetzt, jedoch eher aus wirtschaftlichen Gr?nden. Heute sind die Christen im Irak der Verfolgung durch radikale Islamisten ausgesetzt, Anschl?ge gab es im Herbst 2004 in Bagdad und Mossul. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2005)