Wiesbadener Deutsch-Assyrer bringen Rettungsfahrzeug und Medikamente ins Kriegsgebiet
04.01.2013 – WIESBADEN
Von Nicola Böhme
„Täglich sterben in Syrien zig Menschen, mehr als 60 000 haben den Krieg bereits mit ihrem Leben bezahlt“, sagt Karim Chamoun. „Da muss man doch der Bevölkerung helfen!“ Für den 39-jährigen Deutsch-Assyrer, der seit 1988 in Wiesbaden lebt, soll dies kein Lippenbekenntnis bleiben. Zwei Monate hat der Wiesbadener Leiter der Assyrischen Demokratischen Organisation (ADO) alle Hebel in Bewegung gesetzt, um medizinisches Gerät, Medikamente und Verbandsmaterial für die Menschen in seiner syrischen Heimat zu sammeln. Er hat dafür alle Kontakte genutzt, unter anderem auch als langjährige „Assyrische Stimme“ bei Radio Rheinwelle, „und habe sehr viel Unterstützung erfahren.“
ASB spendet Fahrzeug
Über den Wiesbadener Chirurgen Khaled Sras, der selbst aus Homs stammt und stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbands des Arbeiter Samariter Bundes (ASB) ist, kam der Kontakt zum ASB zustande, der nicht nur Geräte spendete, sondern auch eines seiner Katastrophenschutzfahrzeuge. Der Wagen ist zwar schon 20 Jahre alt, hat aber nur 20 000 Kilometer auf dem Buckel und ist gut in Schuss, berichtet ASB-Landesvorstand Edwin Marneth, der das Fahrzeug für die lange Tour vorbereitet und bestückt hat.
Insgesamt, so freut sich Chamoun, gehen nun im Auftrag des ADO-Jugendhilfswerks Materialien und Geräte im Wert von rund 77 000 Euro auf den Weg nach Syrien. Es sind allein vier Defibrillatoren, ein EKG, Operationsbesteck, eine Sterilisiereinheit, Beatmungsgeräte und jede Menge Medikamente an Bord des vollgeladenen Autos. Und im Februar, so kündigt Chamoun an, soll ein weiteres Fahrzeug losgeschickt werden.
Zwei ehrenamtlich Aktive, ein Deutsch-Assyrer aus Wiesbaden und ein politischer Vertreter der freien Armee Syriens aus Belgien, fahren den Wagen bis zur türkisch-syrischen Grenze und übergeben ihn dort Syrern, die ihn in Ortschaften bringen, „wo unsere Hilfe besonders nötig ist“, sagt Chamoun.
Dieser Tage, so erzählt er, macht sich ein Hilfskonvoi mit rund 40 Fahrzeugen aus Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland auf den Weg. Genaues über die Route, Zeiten und Ziele der Fahrzeuge will die ADO nicht verraten, aus Angst vor dem Geheimdienst des syrischen Regimes.
Die Fahrzeuge werden umlackiert, sodass sie aus der Luft keinesfalls als Rettungsfahrzeuge zu erkennen sind, sagt Chamoun. „Denn wir wissen, dass das Militär auch Rettungsfahrzeuge unter Beschuss nimmt.“